Sollte sich auf der linken Bildschirmseite keine Navigationsleiste befinden, bitte www.mb-mobil.de anwählen.

Winterwonnen im Wohnbus
Ein Bericht von Stefan aus seinem O302

Sie mutet unecht an, die Erinnerung an die kalten Winternächte in meinem Wohnbus. Alles ist so unvorstellbar weit weg wenn ich an letzte Nacht denke, wo ich im Bus beinahe vertrocknet wäre, dem Kopfschmerz nahe mitten in der Nacht mit zugeschnürter Kehle aufgewacht bin - schweißgebaded! Kein Hang-over. Nein, ich hatte den Abend zuvor recht solide verbracht. Und auch kein Albtraum, daß zum Beispiel das Feuer in meinem Ofen ausgegangen wäre. Aber genau da lag das Problem und zwar nämlich genau umgekehrt. Das Feuer im Ofen flackerte lustig vor sich hin. Sauna-Alarm. Also erst mal alle Fenster, Dachluken und Türen auf und dann - um beim Sauna-Jargon zu bleiben - Aufguß! Den Rest der Flasche besten Volvics, die ich ja noch in meiner Hand hielt ab in den Ofen gespritzt, wo sich das Wasser zischend in weißen Dampf verwandelte.

Vor ein paar Wochen war das noch anders. Da hatte ich den Mega-Gau. Das ganze Trinkwasser, das ich im Innenraum in Flaschen hatte, war eingefroren. Sogar das Wasser IN meiner Wärmflasche! Wie bekomme ich das wieder aufgetaut und was mache ich mit meinem Durst? Man kann Wasser ganz schlecht auftauen, wenn es erst mal in der Flasche zu einem massiven Block Eis mutiert ist. Seit diesem Vorfall habe ich mir angewöhnt, einen Liter oder mehr in einen Topf zu füllen, solange es noch geht. Wenn's dann im Topf gefriert ist's schnell über dem Ofen wieder aufgetaut.

Einen alten Reisebus, zum Wohnmobil umgebaut, bekommst Du im Winter nicht warm, außer Du installierst eine Gasturbine aus einem Hubschrauber (laßt bitte die Finger von den gelben, die ab und zu rumstehen) und nutzt deren hunderte von Kilowatt, um der rollenden Bude aus Blech und Einfachglas Molligkeit einzuhauchen. Heizen ist Überleben, sonst frierst Du ein. Aber eben nicht bei den fast frühlingshaften Temperaturen wie wir sie jetzt Ende Januar hatten.

Kann diese Problematik überhaupt jemand nachvollziehen? Jemand mit thermostatgesteuerter Zentralheizung? Jemand in seinem Haus aus Tonnen von wärmespeicherndem Ziegel? 21,5 Grad habe ich schon auch mal. Aber meistens eben irgend etwas zwischen -10 und +50, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme. Die einzige Vorhersage, die sich für das winterliche Mikro-Klima in einem solchen Bus treffen läßt, ist die: wenn die Heizung ausgeht, herscht nach ca. einer Stunde Außentemperatur. Egal, wie warm es vorher drinnen war.

Du beginnst auf einmal, die Gesetze der Thermodynamik zu begreifen, weil Du sie am eigenen Leibe erfährst. Zum Beispiel das Prinzip der Wärmestrahlung:
An einem warmen Sommertag hat es außen 30 Grad, im Bus 50! Alter Hut, is nix Neues. Aber das mit der Wärmestrahlung funktioniert eben auch in die andere Richtung. Es hat außen -8 Grad und innen -12!

Mein O302 ist komplett schwarz und das wird sich demnächst ändern, denn schwarze Flächen haben die dumme Angewohnheit, besonders stark Strahlung aufzunehmen und auch abzustrahlen. Genauso benehmen sich die einfachverglasten Fenster. Und Fensterfläche gibt's beim Bus mehr als genug. Natürlich könnte man die meisten Fenster dicht machen und ein paar wenige gegen isolierende Camping-Fenster ersetzen, aber genau wegen dieser Fenster fühlen sich die meisten von uns in Ihrem Bus so wohl. Erstens sieht so ein Wohn-Bus dann von außen immer noch aus wie ein Bus und nicht wie so ein Plastik-Heimer und zweitens wird dadurch aus dem Wohnmobil ein rollender Wintergarten, ein Gewächshaus auf Reise. Freundlich und hell, kombiniert mit einer phantastischen Aussicht, 3-D-Stereo, Dolby-Surround, Virtual Reality, Panoramablick im Breitformat auf Strand, Meer, Berge, Wüste, Wald und die Sterne! Die sieht man übrigens auch, wenn man hinten im Schlafzimmer liegt und durch die riesige, gewölbte Heckscheibe nach oben schaut. Mein Imax auf Rädern - einfach traumhaft. Ach ja - diese riesige, gewölbte Heckscheibe und die damit verbundene Abstrahlung ist aber auch der Grund, warum ich jetzt im Winter das Schlafzimmer dicht machen mußte und seit dem vorne in der umgebauten Sitzgruppe schlafe. Nahe am Ofen.

Den Ofen hatte ich letztes Jahr im Herbst eingebaut als ich feststellen mußte, daß die beiden Trumas schon bereits in spätsommerlichen 5Grad-Nächten völlig überfordert waren. Außerdem kennt wahrscheinlich jeder Mobilist das ostinative Ticken des Zündautomaten, wenn wieder einmal das Gas ausgegangen ist. Du bist eigentlich in der Tiefschlafphase und es tickt auch nicht besonders laut aber Du bist sofort wach! Sich raus aus dem warmen Bett quälen und in unwirtlicher, dunkler Nacht Flasche wechseln tut niemand gerne, aber es ist immer noch die bessere Alternative als zu wissen, daß jetzt das Gas halt einfach alle ist. In diesem Fall nämlich greift (siehe weiter oben im Text) das Gesetz mit der einen Stunde und der Außentemperatur ... Die Nacht mag man dann im Schlafsack noch erfolgreich hinter sich bringen aber das echte Problem hat man dann am nächsten Morgen, nämlich: wie kriege ich meinen Kaffee warm??? Und wo bekomme ich in dieser verdammten Gegend Gas her??? Und wann schmeiße ich endlich diese Truma-Heizung raus, die Strom und Gas verbraucht und bei der die Reparatur einer Platine, die eigentlich nicht kaputt gehen dürfte, ein kleines Vermögen kostet ... (entschuldigung für diese zynische Bemerkung, aber darüber könnte ich ein auch ein Buch schreiben)

Mit einem Holzofen gibt's solche Probleme nicht, dann Brennholz gibt's fast überall und das umsonst. Gut, momentan kaufe ich aus Bequemlichkeit Holzbriketts aus dem Baumarkt, aber ansonsten bediene ich mich aus den etwa 3 Tonnen Abfallholz, die 5m neben meinem Bus lagern und darauf warten, gesägt und gehackt zu werden. Und das macht auch warm! Mit meinem Ofen bin ich echt zufrieden. Es ist ein Austroflamm G1, G wie Gußeisen. Sieht extrem scharf aus, hat eine richtige Kochplatte, einen großen Brennraum und läßt sich durch die Gewinde in seinen Füßen gut im Fahrzeug verankern. Wenn ich den Ofen jetzt so über den grünen Klee lobe, dann aus zwei Gründen. Erstens, weil ich davon wirklich überzeugt bin und zweitens, weil ich hoffe, daß die Austroflamms oder der Händler endlich mal etwas unternimmt, daß mir die Schamotte innen nicht ständig umfallen. Irgendwie ist mein Ofen wohl etwas aus der Toleranz gelaufen und jetzt erfüllen die eigens dafür angegossenen Haltenasen ihre Funktion nicht so richtig.

Wenn der Ofen brennt taucht der Feuerschein den Wohnbereich in weiches Orange, malt lebhaft tanzende Bilder an Wände, Decke und den Vorhang zum Fahrerraum. Oft sitze ich auch nur stundenlang auf dem ausgebreiteten Fell und sehe durch das halbmondförmige Fenster in die Flammen oder lese dabei. Kein unaufhörlich murmelnder Ventilator sondern das gelegentliche Knacken, Flüstern und Fauchen des Holzes, als ob der Ofen mit mir sprechen wollte. Und er strahlt dabei :-)